Pozzo, R. (2020). Blick nach vorn: Kant-Übersetzungen und Textkorpora. ARCHIV FÜR BEGRIFFSGESCHICHTE, Sonderheft 15.
Blick nach vorn: Kant-Übersetzungen und Textkorpora
Pozzo, R
2020-09-01
Abstract
Stellen wir uns eine Gruppe von Studenten an einer amerikanischen philosophischen Graduate School vor, die vor dem Gedanken, das German Language Exam ablegen zu müssen, Angst haben, was aber eine unausweichliche Bedingung ist, wenn sie eine Doktorarbeit über einen deutschsprachigen Autor schreiben möchten. Das Bild ist gar nicht so ungewöhnlich, wenn man an die große Anzahl herausfordernder deutschsprachiger Philosophen denkt – an Leibniz, Kant, Fichte, Hegel, Schelling, Marx, Nietzsche, Freud, Heidegger und Wittgenstein –, zu deren Werken in Nordamerika viele Dissertationen entstehen. Es geht schließlich darum, eine gewisse Zweisprachigkeit zu erreichen, sich vom Englischen ausgehend das Deutsche zu erschließen, ganz zu schweigen von dem noch höheren Ziel, die Mehrsprachigkeit zu erreichen. Zweisprachige oder mehrsprachige Historiker der Philosophie – insbesondere Sprecher der chinesischen, deutschen, englischen, französischen, italienischen, spanischen sowie alten griechischen und lateinischen Sprache – gibt es heute immer noch viel zu wenige. Das ist schade, denn Zweisprachigkeit und Mehrsprachigkeit sollten im 21. Jahrhundert im Alltag der Bürger eher die Norm als die Ausnahme sein, damit einzelne bzw. Gruppen von Sprachnutzern auf unterschiedliche Weise miteinander in Kontakt kommen und lexikalische Anleihen entstehen. Die Forschung hat zwar ein beeindruckendes Wissen über die lexikalische und kognitive Verarbeitung zweisprachiger Personen gesammelt, aber weiß noch immer nicht viel über den Einfluss von sprachlichen und kulturübergreifenden Unterschieden auf Denkprozesse. Denn das Erlernen einer zweiten Sprache führt zur Aneignung neuer Perspektiven und Auseinandersetzung mit ihrer Mehrsprachigkeit. Heute ist es notwendiger denn je, Texte zwischen verschiedenen Sprachen aufzurufen. Dafür braucht man innovative Ansätze und Methoden für das Studium traditioneller und neuerer Korpora. Es reicht heute nicht aus, dass ein gutes Buch der Geschichte der Philosophie ein gutes Buch der Geschichte der Philosophie ist. Es sollte auch auf soliden lexikalischen und historischen Überlegungen beruhen. Philosophiehistoriker sollten unserer Zeit Rechnung tragen.File in questo prodotto:
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