Pozzo, R., Franz, M. (2005). Erläuterungen zu Ploucquets Inauguralthesen 1790. In Manfred Frank (a cura di), “... im Reiche des Wissens cavalieremente”? Hölderlins, Hegels und Schellings Philosophiestudium an der Universität Tübingen (pp. 39-64). Eggingen : Isele.

Erläuterungen zu Ploucquets Inauguralthesen 1790

R. POZZO;
2005-01-01

Abstract

Die ältere Hegel- und Hölderlin-Forschung bis hin zu Carmelo Lacorte und Henry S. Harris folgte einem Hinweis des Hegel-Biographen Karl Rosenkranz in der Annahme, Hegel und Hölderlin hätten den greisen Ordinarius der Logik und Metaphysik in Tübingen, Gottfried Ploucquet, gar nicht mehr gekannt. Dies galt in der Tat lange Zeit deshalb als sicher, weil Ploucquet nach einem Schlaganfall im Jahr 1782 bis zu seinem Tode 1790 keine Vorlesungen mehr hielt und weitgehend gelähmt sich in seinem Haus in Tübingen aufgehalten hat. Das schließt allerdings nicht aus, daß Hölderlin und Hegel dank anderweitiger Vermittlung mit den Schriften Ploucquets in Kontakt hätten kommen können. Selbst Schelling, der die Universität bezog, als Ploucquet gerade gestorben war, hat sich, seinem Biographen zufolge, „mit dem System des kurz zuvor gestorbenen, in ziemlichem Ansehen stehenden Professors der Philosophie, Gottfried Ploucquet, bekannt gemacht“. Einem von Betzendörfer und Lacorte erwähnten Visitationsrezeß des Stuttgarter Konsistoriums vom Juni 1790 ist zu entnehmen, daß an der Tübinger Alma mater die lectiones über Logik und Metaphysik „seit mehreren Jahren eingest.[ellt] wurden“. Aufgrund dieses Dokuments haben viele den Schluß gezogen, Hegel und Hölderlin hätten unter diesen Umständen überhaupt keine Logik- bzw. Metaphysikvorlesungen hören können. Diese Vermutung erscheint jedoch kaum haltbar. Es ist vielmehr anzunehmen, daß Hegel und Hölderlin bei Johann Friedrich Flatt hörten, der tatsächlich über Logik und Metaphysik las. Flatt hielt aber keine lectiones publicae, sondern nur collegia privata, da er zu der Zeit noch außerordentlicher Professor war und lediglich privatim lesen durfte. Flatts collegia wurden in dem Tübinger ‘Ordo praelectionum’ (dem Vorlesungsverzeichnis) mit Beginn des Wintersemesters 1785/86 regelmäßig angeboten. Während der vier Semester von Hölderlins und Hegels Philosophiestudium kündigte Flatt „logicam et metaphysicam“ im Wintersemester 1788/89 und „logicam“ im Wintersemester 1789/90 an. Das von Flatt für seine Logik- und Metaphysikvorlesungen zugrundegelegte Lehrbuch war anfänglich natürlich kein anderes als das Ploucquet’sche Kompendium über Logik und Metaphysik, die ‘Expositiones philosophiae theoreticae’. Die Annahme, daß Hölderlin und Hegel die ‘Expositiones’ studiert haben, kann jetzt aus zwei weiteren Gründen als sicher gelten: Wir wissen, daß das Ploucquet’sche Lehrbuch von den Repetenten (für die Logik in den Jahren von 1788-1790 war vor allem Bardili zuständig) in den Repetitionen, deren Besuch für die Stifter Pflicht war, zugrundegelegt wurde ; vor allem aber enthalten die metaphysischen Inauguralthesen für 1790, die von Hölderlin und Hegel an einem Tag ihrer Magisterprüfung im August 1790 diskutiert worden sind, praktisch alle wörtliche Exzerpte aus Ploucquets ‘Expositiones’. Man muß also davon ausgehen, daß sich Hölderlin und Hegel in Tübingen sehr wohl mit Ploucquets Gedanken zu Fragen der Logik und der Metaphysik eingehend beschäftigt haben. Sie mußten es, wenn sie Thesen wie die von 1790 diskutieren, ja, verteidigen sollten.
2005
Settore M-FIL/06 - STORIA DELLA FILOSOFIA
German
Rilevanza nazionale
Capitolo o saggio
Ploucquet; Hegel; Hölderlin; scritti giovanili; logica; metafisica
Pozzo, R., Franz, M. (2005). Erläuterungen zu Ploucquets Inauguralthesen 1790. In Manfred Frank (a cura di), “... im Reiche des Wissens cavalieremente”? Hölderlins, Hegels und Schellings Philosophiestudium an der Universität Tübingen (pp. 39-64). Eggingen : Isele.
Pozzo, R; Franz, M
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